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Jeder kennt die Hauptfigur in Shakespeares Drama „Der Sturm“: Prospero, der Zauberer, meistens als weiser, alter Mann dargestellt, der seine Magie dazu einsetzt, sich an seinen alten Feinden subtil zu rächen, um sie hernach wieder auf den Pfad von Freundschaft und Gerechtigkeit zu führen. Aber stimmt das so?
Der Autor Tim Crouch deckt in dem Solodrama „Ich, Caliban“ die düsteren Seiten dieses „alten, weißen Mannes“ auf und liest ihn als Kolonialisten, der auf dieser entlegenen Insel den eingeborenen Jungen, Caliban“ mit „schwarzer Pädagogik“ und drakonischen Strafen unterworfen und für niedere Hilfsarbeiten versklavt hat. Caliban hat vergeblich um Prosperos Liebe und Anerkennung gebuhlt. Als er die Insel verlässt, lässt er seinen ehemaligen Sklaven desorientiert und mit widersprüchlichen Gefühlen zurück.

Endlich ist er allein – allein mit sich, seiner Insel, die endlich wieder ihm allein gehört und allein mit seinen Erinnerungen – an seine Mutter, die eine Hexe war und an Prospero, den Zauberer, der ihn versklavt und gepeinigt hat. Weil er, Caliban, ein Ungeheuer ist! Dass Caliban seiner Tochter Miranda zu nah gekommen war, hat ihm Prospero nie verziehen und mit Hilfe des Luftgeistes Ariel ihm das Leben zur Hölle gemacht. Miranda wird jetzt Ferdinand heiraten – das hat Prospero fein arrangiert. Genauso, wie er mit seinem Zauber einen Sturm entfesselt hat, der seinen verhassten Bruder, der ihm das Herzogtum Mailand geraubt und ihn auf dem Meer ausgesetzt hatte, auf seine Insel gespült hat. Zusammen mit dem hinterhältigen König von Neapel, Ferndinands Vater und diesen beiden »Gottmenschen«, Stephano und Trinculo, die ihm das Weintrinken beigebracht haben. Alle fort! Endlich! Caliban, das Ungeheuer, eher Fisch als Mensch, kann sich endlich auf seiner Insel einrichten, wie er will! Einsam wird sein Leben sein, aber er muss sich vor nichts mehr fürchten. Außer vor sich selbst. Denn er ist ein Ungeheuer.

Ich, Caliban (2021)