Zum Stück
In der Shakespeare-Komödie »Was ihr wollt« hat die Figur des Malvolio einen großen „Auftritt“: der pedantische Haushofmeister ist hoffnungslos in seine Herrin Olivia verliebt, was die boshaften Gäste der Gräfin dazu verleitet, ihm einen miesen Streich zu spielen. Sie schicken ihm einen fingierten Liebesbrief mit einer ungewöhnlichen Bitte. Dieser Trick führt zu der unvergesslich komischen Szene, in der sich dieser eingebildete Pedant in einem albernen Aufzug mit kanariengelben Strümpfen und zweideutigen Reden vor Olivia produziert und natürlich nur Hohn und Spott dafür erntet. An diese Grundsituation knüpft Tim Crouch sein Solodrama »Ich, Malvolio« an. Haben wir uns als amüsiertes Publikum je Gedanken darüber gemacht, wie es in der Seele des so Gefoppten aussieht?
»Ich bin nicht verrückt«, beteuert Malvolio. Immer wieder und immer wieder. Er will sich nicht verrückt nennen lassen. Nicht in einer Welt, in der eine junge Frau sich als ihr eigener Zwillingsbruder verkleidet, sich dann in den Herzog verliebt und denselben Herzog am Ende auch noch heiratet. Nicht in einer Welt, in der sich seine Herrin, die Gräfin Olivia, in die als Mann verkleidete Frau verliebt und dann versehentlich deren Zwillingsbruder heiratet. Malvolio ist reingefallen - reingefallen auf einen miesen Streich, einen gefälschten Brief! Nicht genug, dass der Schmerz über seine unerwiderten Gefühle für Olivia an seinem Herzen nagen. Die Demütigung, die ihm dieser schäbige Trunkenbold Sir Toby Belch angetan hat, raubt ihm schier den Verstand. Die Zuschauer bleiben von Malvolios Unmut nicht verschont. Er sieht, wie sie sich über seine missliche Lage lustig machen und verabscheut sie dafür. Geschickt benutzt Tim Crouch die Irrungen und Wirrungen von »Was ihr wollt«, um mit Malvolio die Empathiefähigkeit des Publikums auf die Probe zu stellen.