Zum Stück
Übersetzung: Chris Alexander.
Regie: Thomas Weber-Schallauer.
Bühne und Kostüme: Heike Neugebauer.
Mit: Tobias Dürr, Gunnar Haberland, Peter Lüchinger, Svea Meiken Auerbach, Erik Roßbander, Petra-Janina Schultz.
Zum Inhalt:
Der Titel ist der Bergpredigt entlehnt: „Denn mit welcherlei Maß ihr messet,
wird euch gemessen werden.“ Die Handlung spielt in Wien im 16. Jahrhundert.
Beschämt über den Sittenverfall in der Stadt unter seiner Regierung, täuscht
Herzog Vincentio eine Reise vor und setzt den fanatischen Angelo als seinen
Stellvertreter und Regenten ein. Vincentio selbst verkleidet sich aber als
Mönch und bleibt unerkannt als Beobachter in der Stadt.
Angelo geht gnadenlos gegen Unzucht und unsittlichen Lebenswandel vor. Sein
erstes Opfer ist Claudio, den er, weil er ein Mädchen geschwängert hat, zum
Tode verurteilt.
In seiner Verzweiflung erfleht Claudio die Hilfe seiner Schwester Isabella,
die als Novizin moralisch unverdächtig, bei Angelo um sein Leben bitten
soll. Doch Angelo versucht Isabella zu erpressen und will Claudio nur
freigeben, wenn Isabella mit ihm schläft. Die jedoch will ihren Bruder eher
sterben lassen, als dieses heuchlerische Spiel mitzuspielen und schickt ihm
stattdessen heimlich seine ehemalige Braut Mariana ins Bett.
Als Angelos Verbrechen öffentlich werden, sieht er keinen Ausweg, als für
sich selbst beim “zurückgekehrten” Vincentio die Todesstrafe zu erbitten.
Doch Vincentio begnadigt am Ende nicht nur Claudio, sondern auch Angelo, der
daraufhin um Isabellas Hand anhält.
Die Menschen stolpern über ein Minenfeld von staatlicher Willkür,
moralischem Werteverlust und individuellen Idealen, getrieben von ihren
Begierden und der Angst vor dem Tod. Welche Macht weist den rechten Weg: das
Gesetz oder Gnade?
Pressestimmen
Regisseur Thomas Weber-Schallauer inszeniert Shakespeares sogenanntes
„Problemstück“ gemäß seiner Definition als Komödie mit tragischen Zügen. Die
Schauspieler liefern einen überzeugenden und unterhaltsamen Einblick in die
Abgründe der menschlichen Natur.
Bremer Anzeiger
Die einzelnen Charaktere bilden die ganze Bandbreite zwischen menschlichem
Laster und Tugend ab und reizen so Shakespeares Absicht, ein Stück der
Extreme zu schreiben, vortrefflich aus. Sehenswert mimen die fünf Darsteller
in wechselseitigen Rollen jeweils gut-böse, naiv-verschlagen,
fromm-rachsüchtig, tugendhaft-verabscheuungswürdig und verdeutlichen so die
Zwiespältigkeit der menschlichen Seele. Die bremer shakespeare company hat
es wieder geschafft, ein schönes Stück voller dramatischer Tiefen und
komischer Höhen zu inszenieren, durchwoben mit den unlösbaren Fragen nach
dem Wesen der Gerechtigkeit.
Weser-Report
Mit bekannter Spielfreude schlüpft das Ensemble in seinen Rollenreigen und
überzeugt mit starken Leistungen. Thomas Weber-Schallauer zeigt mit diesem
Stück erneut seine glückliche Hand für stimmige Inszenierungen. Es gab viel
Applaus!
Bild
Thomas Weber-Schallauer schaut mit seiner psychologisierenden Arbeit tief in
die Abgründe menschlicher Seelen. Damit’s nicht allzu todernst wird, lässt
er seine Schauspieler lustvoll die burlesken Episoden der Nebenhandlung
ausspielen. Das Ensemble der bremer shakespeare company liefert ausnahmslos
differenziertes, pralles Schauspielertheater vom Feinsten. Der Regisseur
choreografiert das komplizierte Beziehungsgeflecht der Charaktere höchst
präzis in dem von Heike Neugebauer ausgestatteten multivariablen Bühnenbild.
Weserkurier
Thomas Weber-Schallauer hat Shakespeares „Abschied von der Komödie“ (Harold
Bloom) jetzt an der bremer shakespeare company ausbalanciert zwischen
burlesker Zeichnung eines vermeintlich verderbten und dumpfen Alltags, der
scharfzüngingen Entlarvung hohlen Herrschaftspathos und der intimen
Zeugenschaft von Erschütterungen der schwachen Einzelseele. Da hat
Slapstick, den die Akteure genussvoll ausspielen, ebenso Raum wie die in
ihre Poesie und Philosophie schwer zu übertreffende Sprachkunst
Shakespeares. Die Darsteller überzeugen hier mit einer breiten Palette an
körpersprachlichen Mitteln als auch in ihrer Vortragskunst. Die Inszenierung
hält durchgehend ihre Spannung und nutzt dabei den Pendelschlag zwischen
Komödie und Tragödie.
Kreiszeitung
Bei den Monologen Angelos und Isabelleas herrschte im Zuschauerraum
gespannte Stille und volle Konzentration. Das 1604 verfasste Stück gilt
einerseits als Komödie, andererseits als „Problemstück“. Shakespeare
behandelt hier die Frage nach Recht und Gesetz. Das sind Gedanken, die vor
allem in den Monologen komplex erwogen werden. Dieses „Maß für Maß“ bot
leichtes Training für die Lachmuskeln und schwere Nahrung für die „kleinen
grauen Zellen“. Chapeau!
Mindener Tageblatt