Zum Stück
Um die pandemiebedingt verordnete Distanz zu überwinden, entstand die Idee, Theater und Stadt wieder näher zusammen zu bringen durch die Gründung einer Theatergruppe, die für jede und jeden offen ist. Ein erstes Ergebnis wird in dieser Werkschau gezeigt. Ziel ist es, mit der Produktion »Medea« im Herbst 2023 die Amateure mit den Profis zusammen auf die Bühne zu stellen.
Regie führt Petra-Janina Schultz, die auch die Theatergruppe leitet.
Regisseurin Petra-Janina Schultz über ihre Vorarbeit zu »Medea« und die Arbeit mit dem Chor:
Im Herbst 2020 planten wir, »Medea« von Euripides auf den Spielplan der bsc zu setzen. Im Stück gibt es, wie in allen alten griechischen Tragödien, einen Sprechchor, der in unserem Konzept auf eine Person eingestrichen wurde - und dann kam Corona! Und damit auch die Entscheidung, das Stück auf unbestimmte Zeit zu verschieben, denn es machte für uns keinen Sinn, ein Stück über Nähe und deren Verlust in einer Zeit zu inszenieren, in der selbst das Spiel auf der Bühne nur mit Abstand möglich war.
Aus den Erfahrungen der Pandemiezeit nahm die bsc die Frage mit, welche Aufgabe das Theater in dieser Zeit haben könnte, zumal wir merkten, dass die Zuschauer nur zögerlich zurückkamen. Wie könnten wir also wieder Interesse wecken und wie unserem Publikum wieder nah kommen? Wie können wir zeigen, dass unser Theater ein Raum für Begegnung sein kann und will?
Durch all diese Überlegungen entstand die Idee, unser Theater für unser Publikum und auch für die Stadt anders erfahrbar zu machen. Und zwar in Form einer Theatergruppe, die für jeden und jede offen ist. Im Lauf der Jahre als Theaterschaffende habe ich immer wieder mit Amateur:innen gearbeitet und erfahren, dass diese Arbeit am meisten Sinn macht, wenn es die Möglichkeit einer abschließende Präsentation gibt. An dieser Stelle kam der Sprechchor der »Medea« wieder ins Spiel und damit der Wunsch, diesen mit Laien zu besetzen: in dieser company-Produktion sollten die Spieler:innen unseres Ensembles mit einem Chor aus Amateuren gemeinsam spielen.
Chorisches Sprechen ist nicht leicht und eine Gruppe fängt nicht von heute auf morgen an, gemeinsam zu Theater zu spielen, zumal der große Wunsch ist, dass diese Gruppe über die Zeit von »Medea« hinaus Bestand hat und eventuell sogar eigene Produktionen macht. Also haben wir uns ein halbes Jahr Zeit genommen und regelmäßig gearbeitet: an Körper und Stimme, an Ausdruck und Improvisation, an Fremdtexten genau wie an Selbstgeschriebenem. Nachdem wir Themen gewälzt haben, fiel die
gemeinsame Entscheidung für das Thema „Mutter“.
Wir sind stolz, diese Ergebnisse in einer Werkschau am 24.5. präsentieren zu können, wobei wichtig ist, dass in der gemeinsamen Arbeit nicht das Ergebnis im Vordergrund stand, sondern das Erleben der gemeinsamen ersten „Gehversuche“ als Gruppe. Was wir zeigen möchten ist ein erster Arbeitsschritt, eine Art öffentliche Probe.